top of page

Harter Aufstieg
28. Juni 2016 | Flip & Lugo

​

 

Über Nacht hatte es begonnen intensiv zu schneien, was den weiteren Verlauf unseres Abenteuers stark veränderte. Unser geplanter Startpunkt für den Aufstieg zur Damavand-Hütte war die Moschee Goosfand Sar auf ca. 3.000 Metern. Durch den Schneefall war die Zufahrtsstraße Richtung Mosche nicht mehr befahrbar, somit mussten wir zu den 1.250 geplanten Höhenmetern zusätzliche 800hm mit unseren schweren Rucksäcken und Skiern zurücklegen. 

Nach dem Frühstück verstauten wir unser Equipment in einem von Masoud organisierten Jeep und fuhren zu einer Kreuzung von welcher der Weg Richtung Mosche abbog.

​

Noch ein obligatorisches Gruppenfoto, dann konnte das Abenteuer Damavand endlich losgehen. Wir konnten die Skier bereits an der Kreuzung anschnallen und machten uns langsam Schritt für Schritt Richtung Goosfand Sar. Bereits nach einigen Metern fing ich innerlich an zu kochen und zu fluchen. Die Gurte des Rucksacks schnitten sich in meine Schultern und das Gewicht zog immer wieder nach hinten. Warum zum Teufel tue ich mir das an? Wie bitte sollte ich die bevorstehenden 2.000 hm mit dieser schweren Ausrüstung überstehen? Die schlechte Sicht durch das dichte Schneetreiben, der Wind und das erschwerte Gehen durch 20cm Neuschnee trugen ihren Teil zu meiner Stimmungslage bei. Doch ohne mir etwas anmerken zu lassen, folgte ich den Spuren meiner Kollegen. Wir hatten anfangs einige Schwierigkeiten den richtigen Weg zu finden und kamen Dank GPS Gerät an der Moschee an. Dort waren wir etwas überrascht zwei junge Iranis anzutreffen, welche im Vorraum der Moschee seit zwei Tagen ausharrten. Sie warteten mit spärlichen Proviantreserven  auf eine Wetterbesserung.

​

Wir kämpften uns im dichten Schneetreiben und den immer schwerer werdenden Rucksäcken weiter nach oben und erreichten bei Einbruch der Dunkelheit völlig erschöpft den Winterraum der Hütte. Dort angekommen, schmolzen wir uns reichlich Schnee zum Teekochen und versuchten uns von den Strapazen zu erholen.

Höhenluft schnuppern
Erkundungstour bis 4.900m

​

 

Nach wenigen Stunden Schlaf krochen wir nur ungern aus unseren warmen Schlafsäcken und schlangen bei Minusgraden unsere „handmade“ Expeditions-Müsli hinunter, welches wir vorab Zuhause vorbereitet und vakuumiert hatten. Dank des Frühstückes und einem Instant-Cappuccino, waren unsere Energievorräte wieder etwas aufgetankt. Von einer vollständigen Regeneration, nach dem harten Vortag, konnte aber keine Rede sein.

​

Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Temperatur etwas aufgewärmt hatte, versuchten wir in die tiefgefrorenen Skischuhe zu schlüpfen und machten uns auf den Weg mit dem Ziel eine Markante Kuppe auf ca. 5.000 Metern zu erreichen. Wir legten eine Aufstiegsspur Meter für Meter hoch und konnten uns so den Weg für den anstehenden Gipfeltag einprägen. Dadurch erhofften wir uns  einen schnelleren und einfacheren Aufstieg am darauffolgenden Gipfeltag. Die Höhe und die 2.000 Höhenmeter vom Vortag, ließen die Füße schnell schwer werden, wodurch das Spuren immer anstrengender und kräftezehrender wurde. Auf einer Höhe von ca. 4.900m kurz unterhalb eines gefrorene Wasserfalls stoppten wir, ruhten uns aus und nahmen uns ein bisschen Zeit, die atemberaubende Landschaft zu genießen und fotografieren.

​

Trotz strahlendem Sonnenschein wurde uns durch den immer kräftiger werdenden Wind schnell sau kalt, woraufhin wir einstimmig entschlossen die breite Rinne bis zur Hütte abzufahren. Als wir wieder bei der Hütte ankamen und uns noch einmal die Aufstiegsspur anschauten, ahnten wir bereits, dass morgen der immer stärker werdende Wind wohl bestimmen würde ob wir bis zum Gipfel kommen oder nicht.

​

Während wir auf Hochdruck Schnee schmolzen, konnte unsere Ausrüstung etwas in der Sonne trocknen. Der Eingang der Hütte und eine kleine eiserne Terrasse waren durch die Hütte windgeschützt und boten so einen idealen Platz, um ein wenig Sonnenlicht und Energie zu tanken.

​

Nach den letzten Sonnenstrahlen, aßen wir noch eine Kleinigkeit und füllten unsere Flaschen für den anstehenden Gipfeltag mit Wasser.

Gipfeltag
Die ersten Schwünge im persischen Schnee

​

 

Die Nacht verlief trotz Kopfschmerzen und den klassischen Biwakier-Pinkel-Aufwacher einigermaßen gut. Schon beim Frühstücken merkten wir, dass es über Nacht noch einmal kälter und der Wind stärker geworden war. Da Massoud und der iranische Bergführer uns bereits vor zwei Tagen warnten, dass nur ein kurzes Gutwetter-Fenster bevorsteht entschieden wir uns den Aufstieg zu probieren. Unschlüssig berieten wir uns gegenseitig wie viele Kleidungsschichten nötig wären, ob eine Mütze reichen würde, die Skibrille aufgesetzt werden soll oder die dicken, extra für dieses Abenteuer gekauften Expeditionshandschuhe ihre Premiere feiern durften (Yeahhh!).

​

Voll eingekleidet starteten wir um 6.00 Uhr morgens unseren Versuch den Damavand zu besteigen. Keine Wolke war am Horizont zu sehen, nur der eisige Wind wollte nicht abschwächen. Die ersten 400hm liefen eigentlich reibungslos. Wir stiegen schweigend, jeder in seinem Tempo den eingeprägten Weg Richtung Gipfel und kamen für die Verhältnisse recht „zügig“ voran.

​

Unsere Hoffnung, dass durch die aufgehende Sonne die Kälte in unseren Gelenken verschwinden würde und der Wind schwächer werden würde, legte sich mit jedem Schritt. Nach jedem dazugewonnen Meter den wir weiter aufstiegen wurde der Wind stärker und unsere Hände und Füße kälter. Bei jeder Spitzkehre wurden wir fast vom Wind aus der Spur getragen und mussten immer wieder kämpfen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. So entschlossen wir auf einer Höhe von 5.000m umzudrehen. Wir wollten keine Erfrierungen oder gar einen Absturz riskieren.

 

Enttäuscht schnallten wir uns unsere Skier an und fuhren dieses Mal die schmale Aufstiegsrinne bis zur Hütte ab.

Nachdem wir uns wieder etwas in unseren Schlafsäcken aufgewärmt hatten, mit Tee und den letzten Essensresten stärkten, entschlossen wir wegen den aufziehenden Wolken und das angekündigte schlechte Wetter die Abfahrt ins Tal anzutreten. Trotz recht schlechtem Schnee und den schweren Rucksäcken war die Abfahrt ins Tal Balsam für die Seele und ein rießen Spaß!

​

Wir wussten bereits bei der Planung unseres Unternehmens, dass es im März zwar den besten Schnee gibt und eine lange Abfahrt garantiert ist, dafür aber viel Wind, niedrige Temperaturen und instabiles Wetter herrschen. Trotzdem waren wir enttäuscht, da wir immer das Beste gehofft hatten und physisch bestens für den Berg vorbereitet waren.

 

Bei Masoud zu Hause angekommen, wurde erst einmal die gesamte Ausrüstung zum Trocknen aufgehängt. Nach der Dusche erwartete uns bereits ein köstliches Abendessen, welches wir gemeinsam mit Masoud und seiner Frau genossen. Bevor wir den Tag mit einer heißen Tasse Tee im Schneidersitz (ja, allmählich beherrschten wir ihn alle!) ausklingen ließen, schmiedeten wir noch Pläne für die nächsten Tage.

​

Trotz dem, dass unser Gipfeltraum geplatzt war, herrschte eine sehr angenehme Stimmung. Die Besteigung des Damavand war nur ein Teil unseres Abenteuers. Wir kamen in ein fremdes Land, von welchem uns die meisten abgeraten hatten und wurden eines besseren belehrt. Wir wurden herzlich aufgenommen, lernten neue Freunde, eine neue Kultur, eine neue Art zu Leben kennen.

​

Und das Abenteuer war ja noch nicht vorbei!

bottom of page