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Nach dem Rennen ist vor dem Rennen
31. Juli 2016 | Flip

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Nachdem ich den Zugspitz Supertrail finishen konnte, hatte ich das Verlangen nach mehr. Mein nächstes Ziel: Der Grossglockner Ultra-Trail. Mit 110km und über 6.500hm, zählt er zu den härtesten Ultra Trails in Europa.

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Den Lauf um den höchsten Berg Österreichs gibt es noch nicht sehr lange. Er entwickelt sich aber immer mehr, zu einem absoluten „must do“ in der Läuferszene.

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Anfang Mai war ich für ein paar Tage am Gardasee, um einen Freund bei der Arbeit zu helfen. Dabei bin ich zufällig  mit einem Osttiroler ins Gespräch gekommen. Er brachte mich schließlich auf das Rennen um den Grossglockner. Noch am selben Abend, holte ich mir Lageplan und Höhenprofil aus dem Internet. Sofort war klar, mein nächstes Projekt steht fest. Challange accepted!

Durch meine Verletzung, welche seit dem Zugspitz Supertrail immer noch nicht vollständig verheilt war, konnte ich während der Vorbereitung nicht gleich wieder 100% geben. Lange Ausdauerläufe mussten noch warten. Krafttraining und tägliches Dehnen stand nun auf dem Programm. Dank meiner persönlichen Physiotherapeutin, konnte ich schon nach wenigen Tagen wieder mit kürzeren Läufen beginnen. In diesem Sinne vielen vielen Dank!

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Die Wochen darauf verliefen eigentlich wie am Schnürchen. Ich sammelte fleissig Kilometer und konnte mein Knie wieder zu 100% belasten. Nun musste ich mich auch logistisch auf das Rennen vorbereiten: Was ziehe ich an? Was kommt in den Rucksack? Wie viel und was esse ich während des Rennens? Was schicke ich alles zum großen Verpflegungspunkt?

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Fragen, die ich mit Hilfe unzähliger Listen und Notizen klären konnte. Das Höhenprofil habe ich mir auf den Computerrand geklebt und der Streckenplan diente schon seit langem als Hintergrundbild. Volle Fokussierung auf das Rennen.

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Je näher das Rennen kam, desto angespannter wurde ich. Ich hatte zwar keinen Grund, da ich mich körperlich sehr gut fühlte. Und trotzdem konnte ich mich nicht mehr voll entspannen. Nach meiner letzten längeren Einheit über 50km bei Nacht, versuchte ich, mit mäßigem Erfolg, im Kopf frei zu werden. Während der Rennwoche gab es für Körper und Geist ein spezielles Regenerationsprogramm: Black Roll, Dehnen und jeden Abend mit Freunden kochen. Da durfte das ein oder andere Glas Wein oder Bierchen nicht fehlen. Langsam konnte ich es nicht mehr erwarten, um Punkt 0:00 die Startlinie zu überqueren.

Backpacking Azorenreise
Backpacking Azorenreise

Die Verspannungen der letzten Tage waren  am Start wie weckgeflogen, der Rennmodus war aktiviert. Hunderte Gleichgesinnte stürmten unter den legendären Klängen AC DC’s „Highway to Hell“ in die Nacht. Was für ein unbeschreibliches Gefühl. Ich habe die gesamte Energie aufgenommen und es erstmal ruhig angehen lassen. Nach den ersten Kilometern fühlte ich mich richtig wohl und ging unbeirrt mein Tempo. Ich war mir bewusst, dass keiner der Anstiege ein Zuckerschlecken werden würde, aber genau dort erhoffte ich mir eine gute Zeit zu erreichen.

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Frei nach dem Motto: „Je steiler, desto geiler!“ Die Sonne ging auf und das Rennen verlief prächtig. Ich konnte auf den langen Anstiegen meine Stärken ausspielen und ab Kilometer 50 ging es dann runter nach Kals. Vor diesem Teilstück hätte ich mich bereits im Vorfeld am liebsten gedrückt. Und genau dieser Abstieg hat mir das Rennen gekostet. Ein schwacher und unkonzentrierter Moment und schon war es geschehen! Ich verdrehte mir den Knöchel und musste leider aufgeben.

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Im ersten Moment war es sehr bitter, nach einem so guten Rennverlauf das Handtuch werfen zu müssen. Ich hatte die 60 Kilometer und über 4.500 Höhenmeter bis nach Kals, ohne große Probleme gemeistert und war noch voll im Saft. Doch das Unvorhersehbare lauert auf jedem Stück, einer so langen Strecke. Durch körperliche Vorbereitung lässt sich zwar der Fitnesszustand verbessern und dadurch die Verletzungsgefahr verringern, doch komplett ausschließen kann man sie nie.

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Aber genau dieses Unbekannte und Unvorhersehbare treibt mich nach vorne, immer weiter.

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