Norwegen Roadtrip
- Flip
- 26. Jan. 2016
- 8 Min. Lesezeit
Zahlen – Daten – Fakten
Das Königreich Norwegen liegt auf der Westseite der skandinavischen Halbinsel und ist mit ca. 5 Mio. Einwohnern das bevölkerungsärmste Land der Halbinsel. Die Hauptstadt Oslo liegt im Süden Norwegens. Die Landschaften sind geprägt von Gebirgen, Hochebenen (Fjells) und tiefe Buchten (Fjorde) die weit in das Landesinnere hineinreichen. Vor den Küsten liegen über 150.000 kleinere und größere Inseln wie z.B. die Lofoten.
Die beliebtesten Reiseziele in Norwegen sind der Geirangerfjord und das Nordkap. Ebenso zählen aber auch Schiffsfahrten entlang der Küste zwischen Bergen und Kirkenes, auf den Postschiffen der Hurtigruten zu den Highlights. Norwegen gilt als ein sehr vielseitiges Urlaubsland. Wanderer und Bergsteiger kommen ebenso auf ihre Kosten, wie Angler, Skilangläufer und Skitourengeher.
Klima und Reisezeit: Durch die Lage am Golfstrom ist das Wetter in Norwegen viel milder, als es die geografische Lage vermuten ließe. Die beste Urlaubszeit für eine sommerliche Rundreisen sind die Monate Juni und Juli.

Travel-Tagebuch
Jedes Jahr dieselbe Frage: „Wohin soll die Reise gehen?“ Um ein passendes Urlaubsziel zu finden, haben wir uns dieses Mal entschieden, dass von uns vier jeder innerhalb von zwei Wochen einen Vorschlag über ein mögliches Reiseziel erarbeitet soll. Es standen Länder wie Schottland, Iran, oder Montenegro zur Auswahl. Die Entscheidung fiel jedoch einstimmig auf Norwegen.
Super Sache dachten wir alle, aber schon nach den ersten ernsthaften Recherchen stellte sich heraus, dass wir uns für einen kleinen Teil Norwegens entscheiden mussten. Ganz Norwegen innerhalb von nur 10 Tagen und dabei noch relaxen, für uns nicht vorstellbar! Letztendlich entschieden wir uns den südlichen Teil Norwegens im Juli zu erkunden. Nun stand die nächsten Frage im Raum: „Wie kommen wir nach Norwegen?“ Nach einigen Recherchen bezüglich Flüge, Fähren usw. viel der Entschluss darauf, einfach das Auto zu nehmen, es mit Lebensmitteln, Zelt- und Trekkingausrüstung voll zu packen und den „weiten“ Weg von Südtirol über Hirsthals (nördlichster Punkt Dänemarks) nach Norwegen auf dem Asphalt zurückzulegen. Bis auf die Fjord Line Fähre von Dänemark nach Norwegen waren wir also vollkommen unabhängig. Wir konnten die Reise frei nach Lust und Laune planen. Wir wussten von wo aus das Abenteuer Norwegen starten würde und dass es mit einer 20 Stündigen Fahrt mit der Fähre von Bergen zurück nach Hirtshals enden würde. Alles andere wurde spontan und wetterabhängig entschieden. Einerseits bedeutet dies geringe Kosten und freies Reisen, andererseits aber auch genaues Planen und Packen der Rucksäcke und des Autos.
Tag 1: Norwegen wir kommen!
Gleich in der ersten Nacht wurden unsere Hintern auf eine harte Probe gestellt. Wir fuhren nämlich die ca. 1.500 km lange Strecke, bis auf zwei kleine Pausen, in einem Zug durch. Die Zeit verging wie im Flug und wir spulten die Kilometer ohne Probleme hinunter. Jedoch möchten wir erwähnen, dass neben dem (selbstverständlich) intakten Auto und einem ausgeruhten Fahrer, die Beifahrer die eigentliche Hauptrolle übernehmen mussten. Diese sorgten unterwegs nämlich für gute Laune, passende Musik und ausreichend Gesprächsstoff, damit der Fahrer nicht ins Land der Träume abdriftete.
Gegen Mittag haben wir den Hafen von Hirsthals im Norden von Dänemark erreicht. Von dort aus fuhren wir in drei Stunden mit der Fähre nach Kristiansand (Norwegen). Die Überfahrt selbst gestaltete sich für mehr als die Hälfte der Passagiere, wegen der sehr rauen See, eher zu einem Alptraum. Kloschüssel, Mülleimer und die freundliche Putzfrau hatten Hochbetrieb!
In Kristiansand angekommen, spürten wir bereits den skandinavischen Charme Norwegens. Der Süden Norwegens ist nicht von den ganz großen Fjorden geprägt, hat aber durch seinen dichten Mischwald und den kleinen Seen in Küsten Nähe einiges zu bieten.
Wir machten unsere ersten Kilometer auf norwegischen Boden und fuhren die Küste entlang in Richtung Egersund. Da wir nun schon einige Zeit auf den Beinen waren wollten wir uns rasch einen Zeltplatz zum Übernachten suchen. Leider erwies sich dies, in mitten der privaten Grundstücke und Villen, welche dieses Gebiet prägen, als schwieriges Unterfangen. Wir entschlossen uns daher, einen Campingplatz zu suchen um nicht zu viel (Schlafens) Zeit zu vergeuden. Ein kleiner Campingplatz am Straßenrand und direkt am Meer schien uns perfekt und nach kurzen Aufbauarbeiten der Zelte, konnten wir endlich unseren wohlverdienten Schlaf genießen.
Tag 2: Nostalgie am Lagerfeuer
Ausgeruht und gestärkt, packten wir am Morgen nach einem köstlichen Frühstück mit Dinkel-Omeletten und selbstgemachter Marmelade, unsere sieben Sachen zusammen und machten uns auf den Weg. Typisch skandinavisch für diese Jahreszeit, gab es an diesem Tag eine bunte Mischung aus Regen, Sonne und Wind. Da wir alle drei von der langen Fahrt noch etwas ausgelaugt waren, schlugen wir unser erstes Wildcamp Lager mittags neben einem kleinen See auf. Dieser Teil vor und um Stavanger ist geprägt von offenen und leicht hügeligen Flächen, sowie von zahlreichen größeren und kleineren Seen. Postkarten Norwegen! Keiner aus unserer Truppe ist ein leidenschaftlicher Angler und wir haben wenig bis gar keine Erfahrung darin, aber laut dem Jedermanns Recht darf man in den offenen Gewässern Norwegens frei angeln, weshalb auch eine Standart-Angler-Ausrüstung auf unserer Packliste stand. Zwar zählen Seen und Flüsse nicht zu den offenen Gewässern, dies hielt uns aber nicht davon ab unsere Angel auszuprobieren. Leider mussten wir den ersten Versuch nach ein paar Stunden erfolglos abbrechen. 1:0 für die Fische! Der erste Sonnenuntergang in Norwegen und ein Glas Weißwein ließen uns ein wenig nostalgisch werden. Wir holten Ukulele und Mundharmonika und spielten bekannte Lieder vorheriger Reisen.
Tag 3: Auf dem Predigtstuhl
Ein norwegisches „Must See“ stand auf unserem Plan. Der Preikestolen oder Prekestolen (norw. für Kanzel oder wörtlich Predigtstuhl) ist eine natürliche Felsplattform in Ryfylke und ein Tourismusziel mit weitem Blick über den Lysefjord und die angrenzenden Berge. Die Fjellkante des Preikestolen fällt über 600m senkrecht in den fast 40 Kilometer langen Fjord ab. Schon bei der Anreise wurde uns klar, dass es nur so von Touristen wimmeln wird. Um das Spektakel erleben zu dürfen, mussten wir einige Kilometer vor der Küste das Auto kostenpflichtig parken. Der Aufstieg (ca. 1,5h) erfolgte durch ein wunderschönes und unwegsames Gelände, geprägt von kleinen Mooren und schroffen Felsen. Der unbeschreibliche Blick und das Kribbeln in der Nähe der Fjellkante ließen uns die Menschenmassen für einen kurzen Moment „fast“ vergessen.
Weiter im Landesinneren fanden wir ein gemütliches Plätzchen neben einem Bach, wo wir ungestört unser Nachtlager errichteten.
Tag 4: Der erste Schnee
Ein herzhaftes Frühstück und eine kurze Erfrischung am Bach halfen uns frisch und munter zu werden. Weiter ging es über einen kleinen Pass und die ersten Schneefelder, nach Odda. Die Ortschaft Odda ist die heimliche Hauptstadt von Hardanger und liegt am inneren Ende des Sørfjords, eines sich tief in die 1.200 – 1.300 m hohe Bergwelt einschneidenden Seitenarms des Hardangerfjords - eingerahmt vom Folgefonna-Gletscher und den steilen Berghängen der Hardangervidda. Dort angekommen haben wir eine kleine Besichtigung des Städtchens unternommen und in einem Supermarkt frische Lebensmittel gekauft.
Die Lebensmittel in Norwegen, wie Brot, Gemüse und Nudelprodukte sind zu vergleichen mit den Preisen in der Schweiz. Alkoholische Getränke und importierte Fleischprodukte sind ungefähr 4-5 mal so teuer wie bei uns. Im Gegensatz dazu sind die einheimischen Produkte wie z.B. Wildlachs wahre Schnäppchen. Nach der kurzen Shoppingtour ging es weiter durch den elf Kilometer langen Folgefonntunnelen. Auf der anderen Seite angekommen, wollten wir unseren Augen nicht trauen, so unbeschreiblich schön spiegelte sich die umliegende Landschaft im wellenlosen Fjord. Hinter uns konnten wir den Folgefonna-Gletscher erahnen und vor uns lag das sanfte Meer. Ein idealer Platz für die nächste Übernachtung und für einen weiteren Angelversuch, leider wieder ohne Erfolg. Durch die milden 18° C wurde die Nacht etwas länger und der Schlaf kürzer.
Tag 5: „Petri heil!“
Die beste Zeit zum Angeln ist bekanntlich früh am Morgen und so beschlossen wir, trotz der recht kurzen Nacht, gegen 5 Uhr den nächsten Angelversuch. Leider begann dadurch der Tag mit einem Dämpfer, denn wir blieben weiterhin glücklos.
Die Angelversuche abgebrochen, fuhren wir bis nach Jondal und von dort weiter ins Landesinnere. Das Wetter wurde immer rauer und leichter Schneefall setzte ein. Das vor uns liegende „Fonna Glacier Ski Resort“ kam immer näher und wir ersetzten rasch unsere kurzen T-Shirts durch Jacken und Mützen. Von der Talstation des Skigebietes, hatte man einen überragenden Ausblick - auf der einen Seite der riesige und klirrend kalte Gletscher und auf der anderen das Meer, welches sich als Fjord immer weiter ins Landesinnere schlängelt. Nach diesem winterlichen Abstecher machten wir uns auf den Weg zurück nach Jondal, um uns mit Lebensmitteln und allem notwendigen Krimskrams für die nächsten zwei Tage einzudecken.
Etwas nördlich fanden wir ein unbeschreibliches Plätzchen für die nächsten zwei Tage: Eine kleine Bucht am Hardangerfjord. Eine riesige Steinplatte ragte in das Meer, welche zum Fischen und Entspannen einfach perfekt passte. Gleich dahinter bot ein lichter Mischwald Schutz und Sicherheit für unser Camp. Noch während wir das Lager aufbauten, versuchte schon wieder der erste von uns sein Glück und warf den Angelhacken aus. Zwei Minuten später zappelte endlich unser erster Fisch am Hacken. Überglücklich stieß er einen Freudenschrei aus und holte den Fisch an Land!
Tag 6: Kulinarische Gaumenfreude
Durch leichten Regen wurden wir sanft aus dem Schlaf geholt. Dieser verging jedoch gleich nach dem Frühstück und so setzten wir uns wieder an den Fjord um zu angeln, chillen und über weitere Projekte zu fantasieren. Am Mittag kam es zu einem kulinarischen Highlight: Wir verwöhnten unseren Gaumen mit Elchbraten, mit frischem Gemüse und einem Glas importierten italienischen Wein.
Da wir uns seit geraumer Zeit nicht mehr frisch machen konnten, haben wir uns entschieden ein kurzes Bad im ca. 15°C „warmen“ Meer zu genießen. Kaum aus dem Wasser, hatten wir den nächsten Fisch an der Angel. Das Abendessen war also gesichert. Frischer und selbstgefangener Fisch mit knusprigen Knoblauchbrot direkt vom selbstgebastelten Kohlegrill. Dazu ein wunderschöner Blick auf den Hardangerfjord und leise Töne aus der Ukulele sorgten für einen gelungen Abend.
Tag 7: Auf nach Bergen
Da es schon seit den frühen Morgenstunden regnete, setzten wir uns ins Auto und fuhren bis nach Bergen. In der Nähe einer Stadt war es fast unmöglich einen Zeltplatz zu finden und so entschlossen wir uns einen Campingplatz zu nutzen.
Bergen ist mit ca. 270.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Norwegens. Der Hafen ist einer der geschäftigsten Seehäfen Europas, von dem aus auch die Schiffe der Hurtigruten starten.
Bergen ist eine wunderschöne und historische Hafenstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Besonders der Fischmarkt ist einen Abstecher wert. Unmengen von verschiedenen Fischspezialitäten, Meeresfrüchte und heimische Fleischprodukte können (für einen stolzen Preis!) verköstigt werden.
Nachdem wir uns einmal quer durch den Markt gegessen hatten und von frischen Garnelen, Elch-Burger, Rentiersalami bis geräucherten Waal alles ausprobiert hatten, sind wir am Abend wieder auf unseren Campingplatz gefahren, um die letzte Nacht in Norwegen zu genießen.
Tag 8-10: Norwegen wir sehen uns wieder
Eine kleine Shoppingtour durch Bergen war angesagt, bevor wir mit der Fähre am Nachmittag die Heimreise nach Hirtshals antraten. Nach einer 20 stündigen Fahrt mit Kreuzfahrflair kamen wir am darauffolgenden frühen Morgen in Hirtshals an.
Nun lag noch die 1500 km lange Heimreise vor uns. Als Zwischenstopp machten wir einen kleinen Abstecher nach Hamburg, wo wir den Nachmittag am Hafen verbrachten. Gestärkt durch ein paar Fischbrötchen, legten wir wie bei der Hinfahrt eine Nachtschicht ein. Gegen 9 Uhr sind wir leicht erschöpft, aber überglücklich zu Hause angekommen.
Fazit:
Egal ob man Norwegen mit dem Auto, zu Fuß, mit dem Rad, im Winter oder Sommer bereist, eines ist sicher, die Naturgewalt dieses Landes sucht seines Gleichen. Aber nicht nur die vielen landschaftlichen Highlights werden uns in Erinnerung bleiben, sondern auch die freundliche und offene Art der „Nordländler“. Schon in Island konnten wir uns davon überzeugen und die Reise nach Norwegen hat diese These bestätigt. Egal woher man kommt und wohin man reist, Norwegen bietet dir immer ein unberührtes Plätzchen. Das Land hat eine solche Größe und so viel zu bieten, dass man es weder in 2 Monaten, ganz zu schweigen in 10 Tagen, bereisen kann.
Vielleicht ist gerade dies der Charme Norwegens.
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